Proust (223)
von Bert
Telefonat mit Andrée, die es nicht so toll findet, dass Marcel plötzlich auf die Idee kommt, morgen mit zu den Verdurins kommen zu wollen. Albertine rückt daher von ihrem Vorhaben ab, als er ihr seinen Plan eröffnet – sie will stattdessen einkaufen gehen. Über Familienähnlichkeiten und wie Marcel in Art und Weise sowohl etwas von der mütterlichen wie väterlichen Linie geerbt hat. Er sieht nun »neben dem sensiblen Kind, das ich einst gewesen war, ein(en) ganz gegenteilige(n) Mann voll gesunder Vernunft und Strenge« (5.148f). Denkt – wiederholt – über eine Trennung von Albertine nach.
Diese Worte hatte ich – da ein großer Teil von dem, was wir sagen, nur Wiederholung eines bereits vorhandenen Textes ist – sehr oft von meiner Mutter gehört, die einmal (sie erklärte mir nämlich gern, man dürfe die wahre Empfindsamkeit, das nämlich, was, wie sie sagte, die Deutschen, deren Sprache sie trotz des Abscheus meines Vaters gegenüber dieser Nation bewunderte, Empfindung nannten, nicht mit Gefühlsduselei, der Empfindelei, verwechseln), als ich weinte, sich bis zu der Äußerung verstiegen hatte, Nero sei vielleicht auch nervös, dadurch aber kein besserer Mensch gewesen. (5.148)
Empfindelei ist ein wundervolles Wort
Ja, ist mir in diesem Zusammenhang auch das erste Mal so richtig aufgegangen. Weiß aber nicht, welche der beiden Übersetzer:innen nun der Dank gebührt.
Naja, dem Marcel selber. „Ces paroles – une grande partie de ce que nous disons n’étant qu’une récitation, – je les avais toutes entendu prononcer à ma mère, laquelle
m’expliquait volontiers qu’il ne fallait pas confondre la véritable sensibilité, ce que, disaitelle, les Allemands, dont elle admirait beaucoup la langue, malgré l’horreur de mon père pour cette nation, appelaient « Empfindung », et la sensiblerie « Empfindelei».“
Danke! Verrätst Du mir eigentlich, warum du Proust auf original zur Hand hast?
Weil ich nen B.A. in Sprache, Kultur und Translation mit Hauptfach Französisch gemacht hab.
Sowas in der Art war meine Vermutung. Denn wer da mal ganz kurz das franz. Original raushaut, muss echt Ahnung haben. Darf ich vermuten, darf ich sogar hoffen, dass Du Proust schon selber gelesen hast? (Meinem mann gegenüber habe ich gerade sehr detailiert begründet, warum du das getan haben m u s s s t! – enttäusch mich jetzt bitte nicht, ich könne zwei nächte nicht schlafen.)
Proseminar irgendwas zur französischen Literatur im Laufe… emm… verschiedener Jahrhunderte.
Ich habs allerdings nicht ganz selber gelesen, nur Auszugsweise, mein Schwerpunkt war immer das Dolmetschen, das ist zu zeitintensiv für derartige Späße. (Sorry)
Meine Bewunderung gehört Dir. Französisch dolmetschen. Ich finde, fast jede Sprache ist einfacher als das. Und dann noch die Stellen bei Proust finden …
Suchfunktionen helfen ;)
Französisch dolmetschen ist Blut, Schweiß und Tränen. Keine Übertreibung. Deswegen mache ich das nicht beruflich. Auch wenn ich nen Master habe, der mir diese Fähigkeit bescheinigt.
aber da du von mir eh nur den deutschen text hast, musst du die suchfunktion … egal wie: ich find’s so klasse, dass du mich da bereicherst!
Es ist echt so ein Unding bei mir: Ich mag französische Autoren – aber wenn ich die Sprache höre, dann renne ich die 100 Meter unter 9 Sekunden.
Ich spreche schlimmen kanadischen Dialekt. Bei mir biste safe ;)
Ich glaube, das würde ich gar nicht unterscheiden können.
Zufällig ausgewähltes Video mit jemandem, der noch relativ gewähltes Québécois spricht (meins is viel mehr bauerntrampelig): https://www.youtube.com/watch?v=bgRUrEvZ09k
Ich glaub, man hört nen Unterschied ;)
Mir fiel übrigens ein: Ich hatte nicht nur das Proseminar, sondern auch eine Vorlesung zur Literatur des 20. Jahrhunderts. Es hätte auch „Proust!“ heißen können… Wir haben mal ne Strichliste geführt: Der Prof hat in 90 Minuten mehr als 70 Mal Proust! ( immer mit !) gesagt.
Witzigerweise kann ich mich nicht mehr erinnern, ob er die Vorlesung auf Deutsch oder Französisch hielt…
Pruust!